Page 154 - Heimatbuch der Gemeinde Schildorn
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GEMEINDE
SCHILDORN Volkskundliches
 Die Mutter bekam von der Patin meist am Tauftag das „Weisert“ in einem eigenen Korb, dem „Weisertzöger“. Um 1960 war das Kaffee, Zucker, Wein, eine Torte oder ähnliches. Früher bekam die Mutter eine „Weiserthenne“. Eine schwarze Henne behängt mit blauen oder roten Bändern wurde bei der Tür in das Zimmer ausgelassen. Freunde und Nachbarn brachten der Wöchnerin später ein Wei- sert.
Eine Henne mit Kücken brachte man deshalb als Weisert, weil eine jungverheiratete Frau im ersten Ehejahr keine Kücken ausbrüten lassen sollte, sonst bekommt sie selber keine Kinder.
Das Patenkind erhielt bis zum 14. Geburtstag jähr- lich zu Allerheiligen einen Wecken, den „(Allerheili- gen-)Spitz“, zu Weihnachten und am Kirtag ein Geschenk und zu Ostern vier rote Eier und Geld.
Zum 14. Geburtstag gab der Pate dem Kind die „Ausfertigung“: den Stoff für ein Gewand.
Bis ca. 1960 wurde einem männlichen Besucher der Wöchnerin, der vergaß beim Betreten der Stube den Hut abzunehmen, dieser von der Frau (z.B. Magd), die die Wöchnerin betreute, herunterge- schlagen. Der Besitzer musste den Hut durch eine Geldspende auslösen.
Wenn die Wöchnerin zum ersten Mal wieder in die Kirche ging, etwa vier Wochen nach der Entbin- dung, fand das „Vorsegnen“ („Vürigehn“) statt. In der Zeit bis zum „Vorsegnen“ durfte die Wöchnerin den Bereich der Dachtraufe des Hauses nicht ver- lassen, „sonst gibt es dieses Jahr Hagel“. Die Betreu- erin (Magd) begleitete die Wöchnerin in die Kirche, die durch die Sakristeitür und nicht durch die Kir- chentüre betreten wurde. Die Betreuerin trug vor der Wöchnerin eine brennende Kerze und sie erhielten den Segen des Priesters. Nach der Messe nahm man in einem Gasthaus einen Imbiss ein. Auf dem Weg zur Kirche erhielt die erste Person, der man begegnete, ein paar Semmeln. Die Wiege war üblicherweise aus Brettern oder Flechtwerk gefer- tigt. Statt der Standwiege wurde auch die Hänge- wiege verwendet. Dazu wurde ein Korb mit Strik- ken an der Zimmerdecke befestigt.
Ab ca. 1880 kam der „Korbwagen“, ein Kinderwa- gen aus Flechtwerk in Verwendung. Um 1930 wurde dieser Typ vom „Sportwagen“ abgelöst.
Um das Kind vor den gefährlichen Fraisen zu schüt- zen, wurde ihm eine Fraisenkette bestehend aus neun Krenscheiben umgehängt. Wer als erster bemerkte, dass das Kind den ersten Zahn bekom- men hatte, erhielt ein Kleidungsstück. Die ausgefal- lenen Milchzähne wurden in den Ofen geworfen, wobei die Kinder ein nicht mehr bekanntes Sprü- cherl aufsagten. Heute werden die ausgefallenen Milchzähne mit den ersten abgeschnittenen Haaren aufbewahrt.
Erziehungshelfer
Unfolgsamen Kinder wurde mit allerlei Redensarten Furcht eingeflößt: „der schwarze Mann holt di“, „der Schwarze kimmt“, „der Rauchfangkehrer nimmt di mit“, „die Habergaiß nimmt di mit, holt di, beißt di“, „du kimmst ins finstere Kammerl“.
Um die Kinder von dem Laufen in den Wald abzu- halten, hieß es „der Holzfuchs beißt di“ und „der Finstermann holt di“.
Damit die Kinder nicht am Wasser spielten, sagte man ihnen, dass sie ein besonderer Wassermann, der „Låckamann“ hineinziehen werde.
Schule
Um 1980 war der Brauch eines Geschenkes am ersten Schultag („Schultüte“) noch unbekannt.
Hochzeit
Vor der Hochzeit kam der Hinzuheiratende „schau- en“, d.h. das Haus und den Haushalt besichtigen.
Das Hochzeitsschießen mit Böller und Gewehren am Hochzeitstag durch Burschen der Nachbar- schaft kommt noch vor, genauso das „Stehlen“ der Braut beim Hochzeitsmahl. Der Hochzeitszug zur Kirche wurde bis vor wenigen Jahren immer von „Heochzatblåsern“ angeführt, denen die „Kranzl- jungfrauen“, die Braut mit Brautführer, Bräutigam
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