Page 153 - Heimatbuch der Gemeinde Schildorn
P. 153

  Volkskundliches GEMEINDE
SCHILDORN
11
Bitt für uns, o hl. Leonhard,
dass uns Gott das Vieh bewahrt!
Am Leonharditag (6. November) wurde von Schil- dorn aus eine Wallfahrt nach Geiersberg („Lehachti
Brauchtum im Lebenslauf
Geburt und Taufe
Seit ca. 1900 erzählt man den Kindern, dass der Storch die kleinen Kinder bringt. Früher hieß es, dass die Hebamme die Kinder bringt, sie holte sie aus einer großen Truhe heraus oder fischte sie aus dem Bach. Immer häufiger sieht man vor dem Haus der Eltern eines Neugeborenen einen Storch aus Holz oder Pappe aufgestellt. Vielleicht entwickelt sich daraus ein allgemeiner Brauch.
Wenn die „Mutter nach Rom reiste“, d.h. eine Niederkunft hatte, wurde die „Höfang“ oder das „wild Wei“, die Hebamme geholt.
In das Wasser des ersten Bades gab man Milch, „wegen der Reinheit“.
Die Namensgebung des Neugeborenen war ein Recht der Eltern. Das älteste Kind bekam meist den Namen des Vaters oder der Mutter. Vor der Taufe scheute man sich das Kind mit dem Namen anzure- den, man sagte „Buarli“ bzw. „Weiwi“. Gewählt wurde auch kein Name, der kalendermäßig vor dem Geburtstag lag. Man scheute sich auch ein Kind „nachzutaufen“, ihm den Namen eines verstorbe- nen Geschwisters zu geben, weil man befürchtete, dass dieses Kind dann auch sterben müsse.
Kam das Neugeborene in einem Bauernhaus zur Welt, wurde bei einem Sohn der Großknecht, bei einer Tochter die Großdirn losgeschickt, dem auser- wählten Paten die Geburt des Kindes mitzuteilen.
Mit dem Spruch:
betrat der Bote die Stube.
z’Geiersberg“) unternommen. Teilgenommen haben die Bauersleute und die mit der Stallarbeit betrau- ten Dienstboten.
Eine Leonhardistatue stand früher am Seitenaltar in der Kirche.
Hatte der „Taufgöd“ bzw. die „Taufgodn“ (früher „Gevatter“) zugesagt, wurde der Bote mit einem „Ei in Schmalz“ bewirtet und einem Trinkgeld ent- schädigt.
Das Patenkind wurde vom Paten auch „Göd“ bzw. „Godn“ genannt.
Die Paten übernahmen mit der Zusage der Paten- schaft weitreichende Verpflichtungen.
Das gebräuchlichste Patengeschenk zur Taufe war eine größere Münze. Beim Taufgang wurde dem Kind das „Einbindgeld“ in Seidenpapier gewickelt in den Halsausschnitt oder in den Taufpolster ge- steckt. Dieses Geld wurde von den Eltern verwahrt und dem Kind mit 15 Jahren ausgefolgt.
Am Taufgang, meist am Tag nach der Geburt, nah- men Vater, Hebamme und Magd, Pate und Patin teil. Auf dem Weg zur Taufe trug die Hebamme oder eine Magd das Kind in einem Taufkissen. Buben hat- ten ein blaues, Mädchen ein rosa oder weißes Tauf- kleid an. Die Taufkleider wurden in der Familie auf- gehoben und vererbt. Bei erstgeborenen Söhnen wurde während des Taufganges dreimal geschos- sen. Auch die Reihenfolge beim Taufgang war fest- gelegt: zuerst der Pate oder die Patin, dann die Hebamme mit dem Täufling und zum Schluss der Vater.
Die Taufkerze besorgte der Pate. Diese Kerze blieb erhalten bis zur letzten Verwendung am Totenbett. Nach der Taufe in der Kirche gab es in einem Gast- haus oder im Haus der Kindeseltern das „Kindl- mahl“, an dem außer Vater, Hebamme und Paten noch der Pfarrer und der Mesner teilnahmen. Auf- getischt wurde gewöhnlich Wiener Schnitzel oder Kalbsbraten, dann Kaffee und Torte.
      „Der Bauer und die Bäurin lassen bitten, der Pate möge sein christliches Werk verrichten“
— 153 —










































































   151   152   153   154   155