Page 143 - Heimatbuch der Gemeinde Schildorn
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  Volkskundliches GEMEINDE
SCHILDORN
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noch die „Kletzenstöri“ (das Kletznbrot). Beide Störi wurden kurz vor Weihnachten gebacken, am Thomastag oder mancherorts erst am 24. Dezem- ber.
Jeder Dienstbote bekam einen großen, weißen „Stö- rilaib“, den er nach Hause tragen konnte. Für eine arme Landarbeiterfamilie war dies eine große Hilfe. Die Mägde bekamen außerdem noch einen Kletzen- störilaib.
Man war der Meinung, dass man besonders stark und kräftig wird, wenn man vom Störibrot isst, besonders aber, wenn man gar von neun Störi isst. Deshalb tauschten viele Leute zu Weihnachten ihre „Störistücke“ aus, damit sie neun verschiedene zusammenbrachten. „Neun Störi muaß ma zaum bringa, dass ma no a Joahr lebt“, besagte „s’ålte G’fahr.“
Am Stephanitag besuchten die Verwandten und Bekannten einander, um Kletzen- und Störibrot zu kosten. Zu den Mädchen kamen die Burschen ein- zeln, in Gruppen oder gar zechenweise zum „Störi(brot)ånschneid’n“. Die Burschen verwende- ten dazu ihre eigenen, besonders scharf ge- schliffenen Messer. Sie mussten mit einem glatten Schnitt vom Störilaib ein möglichst kleines Scherzel herunterschneiden, der Laib sollte danach auf der Schnittfläche stehenbleiben können. Dies galt als Zeichen für Glück in der Liebe. Ein Bursch, dem dies nicht gelang, wurde verhöhnt als noch nicht reif zum Fensterlngehen. Das Scherzerl durfte sich der Bursch behalten. Je mehr „Störischerzl“ einer hatte, desto größer war das Ansehen. Nach dem Anschneiden wurde getanzt, gegessen und getrun- ken. Jeder Bursche ging natürlich zu seiner Liebsten zum Anschneiden. Wenn ein Unliebsamer zu einem Mädchen kam, gab sie ihm statt der Störi den Schwarzbrotlaib zum Anschneiden. Umgekehrt galt es als Schande, wenn zu einem „Mensch“ niemand ins „Störianschneid’n“ kam.
Neujahr
Das neue Jahr anzuschießen begannen die Bur- schen schon bei Anbruch der Dunkelheit. Der Höhepunkt des Geknalles war natürlich um Mitter- nacht. Heutzutage werden statt der Böller vielfach
Feuerwerksraketen abgeschossen. Abgekommen ist der Brauch, dass Burschen vor den Häusern ihrer Mädchen als Glückwunsch das neue Jahr anschie- ßen. Die Burschen taten das immer in Gruppen, nie
 Neujahrsspruch
I wünsch Da a glückseligs Neichs Joahr Christkindl mit krauste Hoar Gsundheit und a langs Lebm
Soi Da da liabe Gott gebm!
 allein. Die behördlichen Verbote während des Krie- ges, der Besatzungszeit und auch 1961 konnten nicht durchgesetzt werden. Jetzt fördert eine star- ke Wirtschaftslobby diesen Brauch.
Meist in den Tagen nach Neujahr wurde das Winter- und Sommer-Spiel von 2 Personen (Mann als Win- ter, Frau als Sommer) in den Bauernstuben aufge- führt. Damit konnten sich im Winter arbeitslose Taglöhner etwas verdienen.
 Sommer:
Wia war’s denn wånn koa Summer war, då wurdn dö Stådln und Kåstn lar. Herrio mein, der Summer is fein!
Winter:
Wia war`s denn, wånn koa Winter war, då wissetn d’Buam nöt,
wia’s Schlittnfåhrn war.
Herrio mein, der Winter is fein!5
Heute überbringt die Musikkapelle mit dem Neu- jahranblasen die guten Wünsche zum Neuen Jahr.
Rauschnitten betteln am 5. Jänner
In der letzten Raunacht gab es traditionell etwas „Schmalzgebackenes“, deshalb hieß dieser Tag auch „Krapfenraunacht“. Am Abend kamen früher arme Leute ans Bettelleutfenster oder in die Bauernhäu- ser und baten um einen Raunachtschnitten („Rau- schnitt’n“), der in Schildorn an diesem Tag ge- backen wurde und noch wird. Heute kommen Kin-
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