Page 16 - Brücke 11 2017
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 Jakob Stichlberger Seminarist
„Gott Du mein Gott Dich suche ich“ (Ps 63) – Studium als Teil der Gottsuche
Das Studium der Theologie als Teil der Priesterausbildung nimmt in meinem Leben derzeit zumindest zeitlich den größten Platz ein, wes- halb ich umso dankbarer bin, dass es mir große Freude bereitet. Gera- de in einer Zeit, in der unser Glaube in der Öffentlichkeit hinterfragt wird, halte ich es für wichtig, sich tiefgehend mit den Grundsätzen des eigenen Glaubens zu beschäftigen, um jedem auf fundierte Weise „Rede und Antwort zu stehen, der nach dem Grund Eurer Hoffnung fragt“ (1 Petr 3,15). Dazu reicht es natürlich nicht, ein paar Jahre The- ologie studiert zu haben – vielmehr setzt es voraus, die Frohbotschaft Jesu Christi selbst als etwas zu erleben und zu emp nden, das einem auf fundamentale Art und Weise Sinn vermittelt und stets von Neu- em vermag, Freude zu wecken. Ansonsten würde man die Theologie als bloße Beschäftigung mit einer historischen Persönlichkeit und den Quellen über sie emp nden, so wie ein Historiker sich z. B. mit der tieferen Durchdringung der Figur Julius Caesar beschäftigt. Gera- de aber, weil ich an Christus glaube, habe ich im Studium schon oft Momente des tief empfundenen Staunens über die Größe, die Liebe, die Gewaltigkeit der christlichen Botschaft erlebt. So geht es mir, wenn mir aufgrund der Expertise eines Professors in einer Vorle- sung zur Heiligen Schrift in einer bisher nicht sonderlich beachteten Stelle eine neue Dimension aufgeht und ich über die nie auszuschöp- fende Tiefe unserer Bibel nur staunen kann. So geht es mir gerade in Madrid, wo in diesem Semester die Auseinandersetzung mit Chri- stologie, also der systematischen Beschäftigung mit der Person Jesu Christi, das Hauptaugenmerk ist und ich in Vorlesungen oder bei
der Lektüre wichtiger Werke zu diesem Thema nicht nur lerne, den katholischen Glauben an sein Erlöserdasein auf vernünftige Art und Weise zu erklären, sondern von Aussagen und Lehren oft so bewegt bin, dass ich mich nur in der Situation des Thomas wieder nde, der nicht so recht an die Auferstehung glauben kann – als sich ihm der Auferstandene in seiner Herrlichkeit zeigt, kann er nur sprechen „Mein Herr und mein Gott“. Genauso zeigt sich mir aber auch in der Philosophie, dass philosophische Überlegungen, schon bei den alten Griechen, oft auf erstaunliche Weise die Existenz Gottes erkennen und in weiterer Folge auch die Vernünftigkeit, auf der unser Glaube beruht.
Gerade jetzt, wo ich an einer anderen Universität in einem anderen Kulturkreis studiere, sehe ich auch die Grenzen einzelner Zugänge. Manches wird mit einem ähnlichen Zugang verfolgt, andererseits staune ich in einigen Kursen, mit welch verschiedenem Zugang man im Gegensatz zu Innsbruck an gewisse Materien herangeht. Fast schon witzig erscheint mir, dass ich hier in einem Semester mehr
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