Page 15 - Brücke 11 2017
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Papst Franziskus: Priesterkolleg soll Fitnessraum der Selbsthingabe sein
(aus einer Ansprache beim Rumänischen Priesterkolleg in Rom)
Was zeichnet einen guten katholischen
Priester aus? Papst Franziskus hat diese
Frage vor jungen Priestern aus Rumänien
am Freitag so beantwortet: der gute Priester
richtet es sich nicht gemütlich im Leben
ein, er brennt für seinen Dienst, versteht
Tradition nicht als abgeschlossen und kultiviert die Hoffnung.
Vor allem einer Versuchung gelte es zu widerstehen, sagte der Papst den osteuropäischen Priestern: „jene, sich in der Mittelmäßigkeit einzuschließen, sich mit einem - unter Anführungszeichen - normalen Leben zufriedenzugeben, in dem alles routiniert und ohne Schwung abläuft, und wo man am Ende nur noch eifersüchtig über seine Zeit, seine Sicherheit und sein Wohlbe nden wacht.“ Franziskus warb stattdessen für einen „Dienst, der vom Evangelium durchglüht ist“ und „den starken und naturreinen Geschmack der Selbsthingabe“ hat. „Euer Kolleg soll wie ein Fitnessraum sein, in dem man trainiert, das Leben mit Hingabe zu verschenken“, sagte der Papst.
Das Päpstliche Kolleg Pio Romeno in Rom entstand vor 80 Jahren und überdauerte die Zeit der kommunistischen Verfolgung in Rumänien. Franziskus würdigte in seinen Worten die Widerstandskraft der Kirche in dem osteuropäischen Land und die darauf folgende neue Blüte des Kollegs, warnte aber zugleich davor, sich in dieser rein rückwärts- gewandten Erinnerung einzuschließen. Es sei gut, die Erinnerung
zu bewahren, sagte der Papst, „aber nicht, um in der Vergangenheit verankert zu bleiben, sondern um die Ereignisse zu leben, die uns jede Epoche vorstellt“. Dabei helfe eine „lebendige evangelische Erinne- rung“, die eine viel längere Geschichte als die des Einzelnen umfasst. „Die Erinnerung zu bewahren, heißt nicht einfach sich an die Vergan- genheit zu erinnern, sondern die Basis für die Zukunft zu legen, für eine Zukunft der Hoffnung. Wenn die Erinnerung nicht bewahrt wird, dann enden wir in der Mittelmäßigkeit des Klerikalismus.“
Bei der Audienz waren auch die jungen Priester arabischer Sprache des Päpstlichen Kollegs des Heiligen Ephrem anwesend, das dem rumänischen Kolleg angegliedert ist. An sie gewandt, gedachte Fran- ziskus der Christen in den arabischsprachigen Ländern - „so viele Familien, die dazu gezwungen sind, ihre Häuser aufzugeben angesichts der Wellen von Gewalt und Leid. Diese unsere Brüder und Schwestern möchte ich ganz besonders umarmen.“
radiovaticana 05.05.2017 gs
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