Page 8 - Brücke 06 2017
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Franziskus Schachreiter Seminarist
Berufung - Entscheidung - Treue
anhand des Films „Von Menschen und Göttern“
Im Propädeutikum sahen wir während eines Kurses, bei dem es um Entscheidung als Gruppe und als Einzelperson aus dem Glauben ging, den Film „Von Menschen und Göttern“. Der Film erzählt die wahre Geschichte einer Gruppe von Trappisten-Mönchen im Kloster „Notre- Dame de l’Atlas“ in Tibhirine in den Bergen Algeriens. Im Frühjahr
1996 wurden die Ordensmänner entführt und später enthauptet. Jahre- lang haben sie friedlich neben und in enger Verbindung mit den mus- limischen Dorfbewohnern gelebt und Berghänge in blühende Gärten verwandelt. Man schätzte die Mönche in der ganzen Gegend sehr. Sie bebauten ihre Felder zusammen mit den muslimischen Nachbarn des Dorfes. Viele Menschen kamen in die Krankenstation des Klosters, wo ein zum Arzt ausgebildeter Ordensbruder die Kranken unentgeltlich behandelte. Bei Behördengängen waren die Mönche der Bevölkerung, die oft nicht Lesen und Schreiben konnte, behil ich. Zu Festen besuchten sie sich gegenseitig. Mit einem Massaker an kroatischen Gastarbeitern ganz in der Nähe des Klosters durch islamische Terroristen änderte sich die Situation schlagartig. Es bestand nun Lebensgefahr für die Mönche selbst.
Berührend war für mich, wie die Trappisten mit dieser für sie gefähr- lichen Grenzsituation umgingen. Die Gemeinschaft bekam eine ganz neue Qualität. Sie reifte und wurde unheimlich gestärkt, auch wenn sie durch innere und äußere Kämpfe geprüft wurde. Die Beziehungen wie auch die Gebete wurden viel intensiver. Die Lebensvollzüge wurden bewusster und gefasster. Ihre brüderliche Verbundenheit im Gotteslob, im Schwei- gen und im alltäglichen Leben ließ sie immer mehr zu Menschen werden, die in Liebe alles hofften, ertrugen und allem standhielten.
Die Entscheidung, im Kloster zu bleiben oder zu  üchten, blieb im Film zunächst offen. Die bedrängte Bevölkerung des Dorfes bat die Mönche zu bleiben. Diese gingen ins Gebet und ins hörende Schweigen. Dabei durchlebten sie „Getsemani-Stunden“, erfuhren aber auch Trost. Sie ließen sich nicht von der Angst beherrschen, sondern wollen ihren Weg in Treue ihrer Ordensberufung gemäß weitergehen.
Treue setzt Vertrauen voraus und bewirkt es. Sie ist ein lebenslanges Einüben. Die Mönche vertrauten auf Gottes Allmacht und Liebe und wussten sich getragen durch die Gemeinschaft. Schließlich gelangen die Trappisten zu einer einmütigen, in Freiheit und aus dem Glauben heraus getroffenen Entscheidung: Sie sehen es als ihre Berufung, Christus zu bezeugen, in einem Martyrium der Liebe ihr Leben hinzugeben, in Treue zu den Menschen, unter denen sie leben.
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