Page 7 - Unsere Brücke - Ausgabe 06 2021
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 nicht haben.“ (Laudato si‘, Nr. 222) Franziskus spricht von der alten Lehre, dass „weniger mehr ist“ und von einem Lebensstil, „der fähig ist, sich zutiefst zu freuen, ohne auf Konsum versessen zu sein.“ (Ebd.)
Ein solcher Lebensstil will jedoch geübt sein, bis er „in Fleisch und Blut“ übergeht. Auch hier führt der Weg von außen nach innen. Viele kleine Schritte sind dabei oft nachhaltiger als wenige große Anstrengun- gen. Ich habe beim Essen und bei der Kleidung begonnen. Weitergehen kann es mit dem Haushalt, den Alltagsgewohnheiten und dem Termin- kalender – soweit das möglich ist. In vielen Bereichen kann man redu- zieren und das übriglassen, was ein Mehr an Freude und Lebensqualität verspricht. Vielfach wurden wir durch die Corona-Krise zu solchen Nachdenkprozessen gezwungen. Einerseits haben wir vielleicht kleine Dinge schätzen gelernt, andererseits wurde uns Wichtiges aber auch ge- rade deshalb bewusst, weil es fehlte.
Auch die christliche Tradition kennt Zeiten der Entrümpelung. Die jähr- liche Fastenzeit oder das wöchentliche Fasten am Freitag laden uns ein, nachzudenken, woran unser Herz (fest-) hängt, und abzulegen, was bei genauerer Betrachtung für unsere Beziehung zu uns selbst, zu unseren Mitmenschen und unserer Umwelt sowie zu Gott hinderlich ist.
Damit verbinde ich eine spirituelle wie schöpfungsethische Hoffnung: Wenn wir entdeckt haben, was unserer Seele Nahrung gibt, (ver-) brau- chen wir vielleicht weniger und haben dennoch mehr davon.
1 https://www.footprintnetwork.org/our-work/earth-overshoot-day/ [Stand: 22.04.2021] 2 Han, Byung-Chul, Müdigkeitsgesellschaft, erw. Ausg, Berlin 2016, 7.
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