Page 6 - Unsere Brücke 06 2019
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 Mag. Michael Münzner Regens
Das Titelbild dieser Ausgabe unserer Seminarzeitschrift zeigt den eingerüsteten Turm unseres Mariendoms. Bis zum Turmkreuz hinauf kann nun über ein Gerüst der Turm bestiegen und saniert werden. Für mich ist das ein Bild für unseren Lebens- und Glaubensweg, der immer wieder Mut braucht, der uns Entscheidungen abverlangt, der eine Richtung hat, uns nach oben führt, der Horizonte eröffnet und Freiheit schenkt, der uns Gott näherbringt, uns heilt und heiligt.
Am 19. März 2018 wurde das Apostolische Schreiben „Gaudete et exsultate“ („Freut euch und jubelt“) veröffentlicht. Papst Franziskus spricht darin über den Weg der Christen nach oben, über den Ruf zur Heiligkeit in der Welt von heute. Und er sagt, dass dieser Ruf zur Heiligkeit an uns alle gerichtet ist. Wir alle sind in einer ganz konkreten Zeit, in ganz konkreten Lebensumständen, mit Herausfor- derungen, Chancen und Risiken auf unserem Lebensweg unterwegs. Und genau das ist auch der Rahmen, in dem wir versuchen sollen, dem Ruf zur Heiligkeit zu entsprechen.
„Es gefällt mir,“ sagt Papst Franziskus, „die Heiligkeit im geduldigen Volk Gottes zu sehen: in den Eltern, die ihre Kinder mit so viel Liebe erziehen, in den Männern und Frauen, die arbeiten, um das tägliche Brot nach Hause zu bringen, in den Kranken, in den älteren Ordens- frauen, die weiter lächeln.“ (Nr. 7)
Der Ruf zur Heiligkeit ist also an jedeN GlaubendeN gerichtet und immer ganz konkret, wie das auch schon das II. Vatikanische Konzil betont hat, wenn es heißt: „Mit so reichen Mitteln zum Heile ausge- rüstet, sind alle Christgläubigen in allen Verhältnissen und in jedem Stand je auf ihrem Wege vom Herrn berufen zu der Vollkommenheit in Heiligkeit.“ (LG 11)
JedeR soll also seinen/ihren eigenen Weg der Heiligkeit gehen. Das Leben von Heiligengestalten oder Modelle der Heiligkeit zu betrach- ten, kann uns dabei sicher helfen, in der Nachfolge Jesu zu leben. Es soll aber nicht dazu führen, dass wir den Weg der Heiligkeit als uner- reichbar ansehen und frustriert aufgeben oder die Heiligkeit anderen überlassen. Denn wir sollen ja nicht die Kopie von anderen werden, sondern Originale sein. Wir sollen auf dem einzigartigen und beson- deren Weg voranschreiten, der je unser eigener Weg ist, auf dem sich Heiligkeit auch immer wieder neu zeigt.
Für alle Glaubenden bleibt es deshalb eine beständige Aufgabe, in Frieden und tätiger Liebe füreinander einzustehen. Wie das geht, drückt Papst Franziskus ganz praktisch so aus: „Bist du ein Gottge- weihter oder eine Gottgeweihte? Sei heilig, indem du deine Hingabe freudig lebst. Bist du verheiratet? Sei heilig, indem du deinen Mann oder deine Freu liebst und umsorgst, wie Christus es mit der Kirche
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Heiligkeit – ein Weg nach oben


























































































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