Page 138 - Heimatbuch der Gemeinde Schildorn
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GEMEINDE
SCHILDORN Volkskundliches
 Der Bereich des Lebens, den die Volkskunde behandelt, ist ein Teil der Kultur. Dabei ist die Überlieferung von einer Generation auf die nächste das Hauptmerkmal. Alles, was innerhalb einer Gruppe oder Gemeinschaft von Menschen als richtig oder verpflichtend empfunden wird, bezeichnet man als Sitte oder Brauch.
Als Lebensgewohnheit wird Brauchtum mehr oder weni- ger gedankenlos mitgeschleppt.1 Wenn der Anlass (z.B. Handdreschen) abgekommen ist oder sich das geistige Umfeld des Brauches so stark verändert hat, dass der Sinn nicht mehr erkennbar ist, dann kommt ein Brauch ab. Ein Teil der Bräuche hat im kirchlichen Bereich Ein- gang gefunden und besteht dort weiter.
Einige Bräuche sind von der Wirtschaft als Umsatzför- derer entdeckt worden und werden manchmal ohne jede Rücksicht auf Sinn und Zweck eingesetzt.
Alle hier erwähnten Bräuche sind in Schildorn überlie- fert. Als Hauptquelle wurden die Aufzeichnungen ver- wendet, die ab 1951 der Lehrer und spätere Volksschul- direktor Hans Schneeberger durch Befragung des damals 67-jährigen Hans Penninger und anderer Aus-
Das Brauchtum im Jahreslauf
Der Jahresbeginn 1. Jänner hat für das Brauchtums- jahr nur geringe Bedeutung, das bäuerliche Arbeits- jahr begann mit dem 2. Februar, dem Auszahlungs- und Dienstwechseltag der Dienstboten. Ich will die Darstellung der Jahresbräuche, dem Kirchenjahr folgend, mit dem ersten Adventsonntag beginnen.
Andaree –
kemman Feita und Störi dahe
Der Andreastag (30.11.) steht am Anfang des Weihnachtsfestkreises mit seinen Feiertagen.
Mit dem 1. Adventsonntag beginnt die Vorberei- tungs- und Bußzeit auf Weihnachten. „Weihnach- ten“ ist ein Mehrzahlwort und bedeutet „zu den geweihten Nächten.“ In dieser besinnlichen Zeit waren weltliche Vergnügungen, wie z.B. Tanzen, verboten. Trotz des christlichen Charakters des Weihnachtsfestes kamen gerade in dieser Zeit viele
kunftspersonen anfertigte. Ergänzt wurden die Auf- zeichnungen durch Mitteilungen von Maria Lechner geb. 1917, gest. 2002, vom Schuster- oder Heherngut in Ebersau 20, Anna Ottinger vom Wirtshaus in Ebersau geb. 1922, Johann Meier vom Winklingergut in Wolfers- berg 5, geb. 1920 und Johann Kühberger vom Hansl- bauergut zu Wolfersberg 1, geb. 1930.
Zum Volks- und Brauchtum gehören viele Bereiche, von denen manche hier nur in geringem Maß angesprochen werden können: das Brauchtum im Jahres- und im Lebenslauf, die Volksmedizin, das Volksrecht, die Volksmeteorologie (Bauernregeln), Siedlungs- und Flur- formen, Gehöftformen, die (bäuerliche) Arbeit, Arbeits- geräte, die Volkskunst, Volksnahrung, die Volkstracht, Volkslied und Volksmusik, Volkstanz, das Spielgut von Kindern und Erwachsenen, das Volksschauspiel, Sagen und die Volkssprache.
Heute kommt uns einiges eigenartig oder exotisch vor, besonders die Vorstellungswelt, die hinter den Bräu- chen gestanden ist.
abergläubische und urheidnische Vorstellungen zum Ausdruck.
In vielen Häusern findet sich heute der Advent- kranz mit den vier Kerzen, welche die vier Advent- sonntage symbolisieren. Dieser relativ junge Brauch ist aus dem protestantischen Norddeutsch- land nach Österreich gekommen, nach Schildorn erst nach 1945, obwohl bereits 1937 die Handar- beitslehrerin in der Schule zum ersten Mal einen solchen Kranz angefertigt hatte. Besonders durch die Schule ist dieser Brauch stark verbreitet wor- den. Auch von der katholischen Kirche ist der Adventkranz akzeptiert und übernommen worden (Adventkranzweihe).
Am Barbaratag (4. Dezember) schneidet man Zwei- ge vom Kirschbaum und stellt sie in einem Glas Wasser in der Zimmerwärme auf, um sie bis Weihn- achten zum Aufblühen zu bringen. Dies wird dann als Glück und Segen, eventuell auch als Heirat im künftigen Jahr gedeutet.
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