Page 18 - Unsere Brücke / Dezember 2022 bis Juni 2023
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 Dipl PAssin Claudia Kapeller
„Welch eine schöne Empfindung ist es, seinem Herzen zu folgen!“ (vgl. Goethe)
An Pfarrer Pucher im Vinzidorf Graz habe ich im Jahr 2020 die Frage gestellt: „Was empfinden Sie als unbedingt notwendig in der seelsorg- lichen Begleitung, damit sich obdachlose Menschen zugehörig fühlen können?“
Seine Antwort war: „Obdachlose haben einen Teil ihres Lebens in der uns bekannten Gesellschaft gelebt. Irgendwann haben sie die Kraft und den Willen verloren, weiterhin integriert zu sein. Sie haben sich fallen gelassen, weil es für sie keinen anderen Weg zu geben scheint. Die Schuldfrage ist weder klärbar noch von Bedeutung. Jede*r hat sei- nen eigenen Lebensweg. „Zugehörig fühlen“ geschieht hauptsächlich dadurch, dass Menschen aus dem „normalen“ Leben bereit sind, ihre Nähe zu akzeptieren und zu suchen. Die herzliche und offene Nähe zu Menschen kann sehr heilsam sein und innerlich verschlossene Men- schen, für neue Möglichkeiten zu leben, öffnen.“
Während meiner Ausbildung zur Pastoralassistentin wuchs mein persönliches Interesse für Men- schen in Wohnungslosigkeit sowie für armutsgefährdete Menschen.
Für die seelsorgliche Begleitung braucht es eine aufrichtige und wertschätzende Haltung, Begegnung auf Augenhöhe. Jede*r Mensch hat eine persönliche Würde, die nicht verletzt werden darf, unabhängig von seinem*ihren Lebensschicksal und der aktuellen Lebensform!
Gerade in der Begleitung von Menschen in Grenzsituationen braucht es eine gute Zusammenar- beit mit den Sozialeinrichtungen und Pfarren vor Ort und ein gutes Miteinander mit allen, die sich für obdachlose und armutsgefährdete Menschen einsetzen. Besonders möchte ich auf die wertvolle Unter- stützung und gute Zusammenarbeit mit der Caritas hinweisen.
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