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21 Solche Folgen einer Sünde können z.B. materielle Schäden sein, aber auch schlechte Gewohnheiten, die sich als Folge wiederholten Fehlverhaltens einstellen. Es kann auch durch Sünde eine vergiftete Atmosphäre entstehen oder eine negative Lebenseinstellung, die sich auf den Sünder selbst und seine Mitmenschen negativ auswirkt. Die Vergebung, auch die sakramentale Lossprechung, „nimmt die Sünde weg, behebt aber nicht alles Unrecht, das durch die Sünde verursacht wurde“ (KKK, 1459). Vielleicht kann das ein Beispiel verdeutlichen: Wenn ich ein geliehenes Auto zu Schrott fahre, kann ich hoffen, dass der Besitzer mir verzeiht; der Schaden bleibt, auch wenn mir verziehen wurde. Gerade weil er mir verziehen hat, werde ich die Folgen meines Tuns – den Schaden – zu beheben trachten. Die Folgen meiner Sünden kann ich nicht alleine aufarbeiten. Ich brauche dazu die Hilfe anderer und ich kann selbst anderen helfen. Wenn ich z.B. jemandem, der einen Unfall verursacht hat, Geld leihe oder gar schenke, damit er den Schaden beheben kann, trage ich wesentlich zur Aufarbeitung der Folgen seiner Schuld bei. Wenn ich einem Alkoholiker zuliebe auch auf Alkohol verzichte, fällte es ihm möglicherweise leichter, keinen Alkohol zu trinken. Aus Solidarität mit anderen Gutes tun, bestärkt sie im Guten. Die Folgen der Schuld kann ich nur aufarbeiten, wenn andere mit mir solidarisch sind. Diese Solidarität darf ich durchaus auf das Gebet für andere beziehen und auch auf Menschen ausdehnen, die schon verstorben sind. Der Glaube an die Auferstehung und das ewige Leben weitet diese Solidarität der Christen über dieses Leben hinaus aus. Einen „Ablass beten“ ist also auch gelebte christliche Solidarität. Ablässe können durch rituelle Handlungen gewonnen werden, durch Gebet, Kirchenbesuch, Wallfahrt, Versöhnung. Hinter diesen Riten stehen christliche Haltungen, die für die Aufarbeitung von Schuld wesentlich sind. In bewusster Hinwendung zu Gott leben, die Gemeinschaft der Glaubenden suchen und fördern, den eigenen Lebensweg und das Ziel der Lebens neu erfahren und bedenken. All das hilft Schuld bewältigen, wenn es nicht beim bloßen Ritus bleibt. Das Jahr der Barmherzigkeit will uns in der gelebten Solidarität und Versöhnung stärken.


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