Page 22 - Brücke 06 2017
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Mag.a Maria Eichinger Ausbildungsleiterin der Theologiestudie­
Meine Tätigkeit als Ausbildungsleiterin der Theologiestudierenden umschreibe ich gerne mit den Begriffen: begleiten – beraten – be- stärken. Ich begleite und berate Studierende auf ihrem Weg durch
das Studium, mit dem Ziel einmal kirchliche/r MitarbeiterIn in der Schule, in der Pastoral oder auf diözesaner Ebene zu werden. Und ich bestärke sie dabei. Bestärken im Sinne von ermächtigen, Menschen in ihrer Selbstwerdung unterstützen. Dieses Bestärken beziehungsweise Ermächtigen verweist auf den schillernden Begriff der Berufung.
Eine (für mich stimmige) Umschreibung von Berufung ist: Wo sich meine tiefsten Wünsche, Bedürfnisse, Sehnsüchte, Fähigkeiten und Talente mit einem Bedürfnis in der Welt treffen – dort liegt meine Be- rufung. Das heißt, will ich meine Berufung  nden, muss ich zunächst mit meinen eigenen tiefen Sehnsüchten und Bedürfnissen in Kontakt kommen. Dazu helfen mir regelmäßige Zeiten der Stille, die Natur, der Garten, die Berge ...
Und ich brauche eine realistische Selbsteinschätzung, das selbst- bewusste Wissen um meine eigenen Fähigkeiten und Stärken: Was kann ich und was davon wird in dieser Welt gebraucht? Dazu brauche ich Freundinnen und Freunde, Menschen, die mich kennen und die es gut mit mir meinen. Und schließlich geht es darum, was ich an der Schnittstelle von Selbst und Welt als meine Berufung erkannt habe, auch umzusetzen. Denn nur dann kann es fruchtbar werden – für andere und für mich.
Wenn ich also Studierende bestärke, richte ich den Fokus sowohl auf das Selbst der Studierenden als auch auf die Welt, die Gesellschaft, die Kirche. Orientierungsgespräche, spirituelle und persönlichkeits- bildende Veranstaltungen sowie Angebote zu gesellschaftspolitischen und kirchlichen Fragestellungen sollen die Entwicklung der Studie- renden dabei unterstützen. Wesentlich erscheint mir aber, die Studie- renden darin zu ermutigen mit ihren Sehnsüchten und Bedürfnissen in Kontakt zu sein. Ein Stück weit auch vorzuleben wohin meine eigenen Wünsche und Sehnsüchte mich geführt haben, wo ich meine Schnittstellen verorte. – Und dabei nicht perfektionistisch oder maß- los zu sein. „Ich sehne mich danach, die Sehnsucht zu haben, Gott zu lieben“ sagt ein junger Jude in einer Geschichte. Worauf ihm der Rabbi entgegnet: „Das genügt. Du bist auf dem Weg.“
Dieses Gefühl zu „genügen“, auf dem (richtigen) Weg zu sein habe
ich selber in meiner Biogra e immer wieder erfahren und möchte ich auch anderen vermitteln. Studierenden etwas zutrauen, ihre Fähigkei-
renden, Diözese Linz
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Berufung – berufen – Beruf


































































































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