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3 Leidenschaftliche Barmherzigkeit schafft Werke der Barmherzigkeit Barmherzigkeit ist eine Leidenschaft. Ja, denn sie schafft Leiden. Zumindest Mitleiden. Thomas von Aquin sagt: Barmherzigkeit ist Schmerz über das Elend des anderen. Barmherzige und mitfühlende Menschen leiden mehr als andere, die weniger wahrnehmen. Das Mitfühlen und Mitleiden genügt aber nicht – obwohl es bereits unsere Welt gewaltig verändern würde, wenn alle Menschen mitfühlen und mitleiden könnten. Wenn ich sage, dass Mitleid allein nicht genügt, so meine ich das nicht zuerst als moralische Forderung, sondern als Tatsache bei gesund empfindenden Menschen. Da Leiden ein schwer erträglicher Zustand ist, sucht der Mensch von selbst nach Auswegen, d.h. nach Taten, die das Leid beseitigen oder lindern. Wenn das Ganze mit Verstand und Klugheit getan wird, ergeben sich daraus Werke der Barmherzigkeit. Und wenn ich dabei bleibe – mit anderen Worten, wenn ich sie übe (ein- und ausübe) – so wird mit der Zeit daraus eine Tugend, eine gute innere Haltung. Die „sieben leiblichen Werke der Barmherzigkeit“ 1. Hungrigen zu essen geben 2. Durstigen zu trinken geben 3. Fremde beherbergen 4. Nackte bekleiden 5. Kranke besuchen 6. Gefangene befreien 7. Tote begraben Die „sieben geistliche Werke der Barmherzigkeit“ 1. die Unwissenden lehren 2. die Zweifelnden beraten 3. die Trauernden trösten 4. die Sünder zurechtweisen 5. den Beleidigern gern verzeihen 6. die Lästigen geduldig ertragen 7. für die Lebenden und Verstorbenen beten Was ist also zu tun? „Fremde beherbergen“? Einem alleinstehenden Menschen würde ich nicht raten, leichtfertig Flüchtlinge in sein Haus aufzunehmen, solange nicht ein Netz von Helfern vorhanden ist. Es sind andere Werke oder Schritte erforderlich, bis ich dieses in der Tat Not-wendige Werk in einem wörtlichen Sinn verwirklichen kann. Ich persönlich habe mich zunächst nach Jugendlichen umgesehen und sie gefragt, wie sie die Situation des Zustroms von Flüchtlingen Harald Mally Spiritual am Propädeutikum


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