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22 Das Pantheon: ein theologisches Modell der Neuevangelisierung der Kirche. „Athener, nach allem, was ich sehe, seid ihr besonders fromme Menschen. Denn als ich umherging und mir eure Heiligtümer ansah, fand ich auch einen Altar mit der Aufschrift: EINEM UNBEKANNTEN GOTT. Was ihr verehrt, ohne es zu kennen, das verkünde ich euch.“ (Apg 17,22 -23, nach der Einheitsübersetzung) Der zitierte Abschnitt stammt aus der Apostelgeschichte, aus der zweiten Missionsreise des Paulus. Die Episode ereignete sich in Athen. Der Rest der Geschichte ist uns vertraut. Auf unserer Pilgerreise der Priesterseminargemeinschaft nach Rom, die heuer im Februar stattfand, hatten wir das Privileg, die meisten bedeutungsvollen sakralen aber auch historisch relevanten, profanen Orte Roms zu besuchen. Einer dieser Orte war das Pantheon (grie. Pan – alle, theos – Gott – alle Gottheiten). Das Pantheon war ein Monument, das den gesamten antiken Gottheiten Roms geweiht war. Es ist aber seit dem 13. Mai 609 n. Chr ein christliches Heiligtum, das zur Ehre „Sancta Maria ad Martyres“ geweiht und umbenannt ist. Die geschichtliche Entwicklung dieses Monuments, des Pantheons, bildet den Ausgangpunkt meiner Betrachtung. Die Stichwörter: „heidnische Bräuche“ oder „ Heiligtümer“, die christianisiert wurden, prägen die Geschichte des Christentums von Anfang an bis zum heutigen Tag. Sie sind uns gar nicht fremd. Es lässt sich somit leicht die Schlussfolgerung ziehen, dass das Christentum keine isolierte Religion war und ist. Sein Werdegang wurde, in mancherlei Hinsicht, von starken oder milden Einflüssen der umgegebenen Kulturen und Religionen geprägt. So eine Entwicklung können die Religionssoziologen bestätigen. Sie gehen grundsätzlich davon aus, dass jede lebendige Kultur deswegen lebendig ist, weil sie im Stande ist, in Berührung mit anderen Kulturen zu kommen. Andernfalls wird jene Kultur für tot erklärt. Diese kulturellen gegenseitigen Beeinflussungen dürfen allerdings nicht im Sinne von H.–G. Gadamers „Verschmelzungshermeneutik“ bzw. „Vereinnahmungshermeneutik“ verstanden werden, sondern müssen viel mehr im Geist der „Differenzhermeneutik“ von Theo Sundermeier interpretiert werden. Die Kirche ist demzufolge seit jeher eklektisch. Unter Eklektizismus versteht man u.a. (von griechisch: eklektos, „ausgewählt“) jene Methoden, derer sich verschiedene entwickelte und abgeschlossene Systeme (z. B. Stile, Disziplinen, Philosophien) bedienen und deren Elemente neu zusammensetzen. Oft frage ich mich, was der Kirche eigen ist, denn viele Gebräuche, Rituale, liturgische Sprachen und Symbole, kirchliche Feste z.B. Weihnachten, biblische Metaphern usw. haben ihre Wurzeln meist in anderen Kulturkreisen. Francis Abanobi Seminarist


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