Page 11 - Unsere Brücke November 2020
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„Seh ich deine Himmel, die Werke deiner Finger...“ (Ps 8,4) Zugänge zur Schöpfung heute
 Auch in säkularen Zeiten ist das Staunen über die Natur nicht verschwunden, im Gegenteil: Je tiefer wir in die Geheimnisse der Materie, des Lebens und des Geistes eindringen, umso faszinierter erscheint uns auch das Wunder Universum. Vielleicht sind die Schönheit der Natur und der Tod des Menschen deshalb auch die ältesten Quellen des religiösen Glaubens, in ihnen tritt uns das Geheimnishafte direkt entgegen. Auch der kalte naturwissenschaftli- che Blick kann diese ursprüngliche Erfahrung von Staunen und Schaudern nicht verhindern.
Als Hobbyastronom erfahre ich dieses Staunen über die Schöpfung immer wieder aufs Neue. Wenn ich mein großes Teleskop etwa auf einen Galaxienhaufen richte und dieser in wenigen Sekunden am Bildschirm erscheint, dann ist dieser Anblick – ja, irgendwie göttlich: Du siehst Hunderte Galaxien, ausgestreut im Dunkel des Nachthim- mels, in ihren unterschiedlichsten Formen und Lagen und du weißt: In diesem Augenblick erreicht das Licht dieser Welten dein Auge. Dieses Licht ferner Welten war 500 Millionen Jahre oder länger unter- wegs, es begann seine Reise durchs All zu einer Zeit, als es hier auf Erden noch keine Säugetiere gab, keine Dinosaurier und Fische, geschweige denn uns Menschen. Und jede dieser winzig kleinen Milchstraßen ist Heimat für 200 Milliarden Sonnen. Das Licht aber,
Univ.-Prof. Dr. Franz Gruber Professor der Dogmatik und
Ökumenischen Theologie
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