Page 9 - unsere brücke
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 Freunde schauen nicht nur aufeinander, sondern in die gleiche Rich- tung; „sie wollen dasselbe, bzw. lehnen dasselbe ab“. Man denkt viel- leicht an das Wort Jesu: „Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch auftrage“ (v.14), und fragt sich, ob das nicht eher nach Gebots-Erfüllung als nach Freundschaft klingt? Liest man die Verse im Zusammenhang, so zeigt sich, dass das Halten der Gebote das Zeichen der echten Freundschaft, also Folge der Liebe ist – ähnlich wie die Nächstenliebe die sichtbare Auswirkung der Gottesliebe (v.12). Denn der Freund will sich ja gerne dem Willen seines Freun- des angleichen: In der Freundschaft verwirklicht sich das Paradox der frei-gewollten Gebundenheit. Wer aus Liebe handelt, wird nicht wegen eines Zieles tätig, das in ihm selbst liegt – d.h. er denkt nicht an „Selbstverwirklichung“ (vgl. 1 Kor 13,5) – sondern fühlt sich „ge- drängt“, so dass er „nicht anders kann“ (wie Paulus); dennoch wird er von sich aus tätig – eben nicht wie ein Knecht, der keine innere Beziehung zu seinem Herrn hat (v.15). Meisterhaft drückt es Thomas v. Aquin aus: Die Freunde Gottes „werden freiwillig vom Heiligen Geist geführt“; der Wille Christi ist seinen Freunden nicht „fremd“, sondern aufs Herz geschrieben.
Aus der Freundschaft kommt der Wunsch, für den anderen etwas zu tun (cooperatio). Nicht zufällig fragt Jesus Petrus: Bist du mir Freund? Und betraut ihn dann mit dem Auftrag: Weide meine Schafe.
Das „Vergelten“ der empfangenen Freundschaft nimmt hier den Weg über diejenigen, die dem Freund am Herzen liegen – ein Gedanke,
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