Page 13 - unsere brücke / Juni bis Dezember 2022
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Erstens musste jeder Priester unabhängig von der lokalen Gemein- schaft, in der er lebte, sein. Diese Unabhängigkeit sollte mittels eines dauerhaften, verlässlichen Einkommens (durch Einhebung des Kirch- enzehnten sowie Pfründe) garantiert werden. Zweitens wurde das Priesteramt als hochrangig und ehrenvoll definiert, um es mit Autori- tät in der Gemeinde auszustatten. Drittens wurde eine hinreichende Ausbildung vorausgesetzt, um Priester werden zu können.
Daneben entstanden in den Diözesen Institutionen wie zum Beispiel das Sendgericht, um die rechtmäßige Ausübung der Amtspflichten der Priester zu kontrollieren. Zum selben Zweck etablierten sich eine jährliche Visitationsreise des Bischofs sowie ein bis zwei Diözesan- synoden im Jahr.
In der Zeit der Konfessionalisierung (ca. 1550–1800) lag besonderes Augenmerk auf der Seelsorge. In einem Brief von Ignatius an Petrus Canisius3 weist dieser auf die Wichtigkeit einer guten Bildung hin, damit künftige Priester zum „geistlichen Nutzen“ der Gemeinde die- nen können.
Den Priestern wurden vom Bischof die drei Dienste des Lehrens, Leitens und Heilens übertragen. Im Dienst der Leitung hatten Priester als Pfarrer eine Pfarrkirche zu leiten, dort die Sakramente zu spenden und das Wort Gottes zu verkündigen. Der heilende Dienst bestand darin, das Allerheiligste Sakrament zu den Kranken zu bringen. Auch die Beichte und die „letzte Ölung“ gehörten zu ihren Aufgaben. Zum Dienst des Lehrens gehörte die Predigt und die Darlegung der katho- lischen Lehre, die die Priester mit dem Beispiel ihres Lebens bestäti- gen sollten. Wenn möglich, sollten besonders begabte Prediger auch in die Städte und Dörfer gehen, um den Menschen an Festtagen das Evangelium zu verkünden.
Der kurze Abriss durch die Geschichte zeigt, dass sich das Leben und die Aufgaben von Priestern im Laufe der Zeit verändert haben und auch neuen Umständen angepasst werden mussten. Gewisse Dinge haben aber bleibende Bedeutung: Priester sollen sich als gute Vor- bilder ihrer Gemeinden um die Menschen kümmern, ihnen das Wort Gottes verkünden und mit ihnen die Sakramente feiern. Das Ziel der cura animarum bzw. der guten Seelsorge ist bis heute aktuell.
1 Vgl. Patzold, Steffen, Presbyter. Moral, Mobilität und die Kirchenorganisation im Karolingerreich (Monographien zur Geschichte des Mittelalters 68), Stuttgart 2020, 64.
2 Ebd., 65.
3 Vgl. Ignatius von Loyola an Petrus Canisius. Rom, 13. August 1554, in: Ignatius von Loyola, Briefe und Unterweisungen, Deutsche Werkausgabe Bd. 1, Würzburg 1993, Nr. 4709, S. 612-619, 619.
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