Page 11 - unsere brücke / Juni bis Dezember 2022
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priesterlichen Dienst ging. Natürlich auch das. Zuerst und zuletzt aber ging es um die Konfrontation mit einer Bitte, der Bitte, dem Kreuz tragenden Jesus „zugesellt“ zu werden. Nach den Tagen der Kandida- tur erhielten wir als Zeichen der Aufnahme in das Noviziat ein Kreuz überreicht. Auf dessen Rückseite ist lapidar zu lesen: „Ich will, dass du uns dienst“ La Storta 1537. Zeit und Ortsangabe erinnern an die Vision des Ignatius, vom Kreuz tragenden Jesus selbst in seinen Dienst genommen worden zu sein. Uns Jesuiten führt dieses Wort (nicht nur als Novizen) vor Augen, dass wir teilhaben dürfen an der Gnade des Ignatius und es die Gnade auch unserer Berufung ist, darum zu bitten, Jesus zugesellt zu werden.
Im Blick auf Jesu Leben unser Leben zu ordnen, es gleichsam wie eine Folie über unser eigenes Tun und Lassen zu legen, es daran je neu auszurichten und zu ordnen, dazu lädt Ignatius in den Geistlichen Übungen ein. Bereits am Beginn der Exerzitien steht ein Gespräch mit dem Gekreuzigten (GÜ 53): „Und in dem ich ihn derartig sehe und
so am Kreuz hängend, über das nachdenken, was sich anbietet“. Ich bin eingeladen, dem Gekreuzigten ins Angesicht zu antworten. Um gleichsam die „Atmosphäre“ dieses Gesprächs zu skizzieren, heißt es in der folgenden Anmerkung: „Das Gespräch wird gehalten, indem man eigentlich spricht, so wie ein Freund zu einem anderen spricht“ (GÜ 54). Was für ein Glück! Wir wissen aber auch, nicht zuletzt aus eigener Lebenserfahrung, dass auch Freundschaften in Krisen geraten, dass auch unter Freunden das Gespräch gestört werden, verstummen kann, ja, dass wir von unserer Seite das Gespräch abbrechen. Dies gilt auch für unsere Zwiesprache mit dem Gott-Menschen. Gleichermaßen gilt aber – ausnahmslos – für uns alle, dass wir als sündige Menschen trotzdem in die Nachfolge Jesu berufen sind.
Gelebte Berufung als Antwort auf die Einladung als Mitarbeiter Gottes (1 Kor 3,9) am Werk der Schöpfung und Erlösung mitzuwirken, bleibt ein lebenslanger Lern- und Reifungsprozess. Die Erfahrung von
Gottes Geduld und Verlässlichkeit gehört dabei zu den beglückendsten und zugleich erschütterndsten Erfahrungen. Der Schweizer Kapuzi- ner Theodosius Florentini bringt diese Spannung nüchtern, heraus- fordernd und zugleich ermutigend gläubig ins Wort: „Vertraue, aber wirke mit“!
Im Blick darauf, was vor ungefähr 65 Jahren spielerisch begonnen hat als Berufung in meinem Leben Gestalt anzunehmen, darf ich heute dankbar mit einem Liedvers von Gerhard Tersteegen sagen/singen: Gott rufet noch! ... Das erfüllt mich mit Freude und Vertrauen!
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