Page 26 - unsere brücke / Juni bis Dezember 2020
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 Jakob Stichlberger Seminarist
Kirchenmusikalische Erfahrungen in der Landpfarre
In der jahrelangen Stimmbildung im Rahmen der Priesterausbildung konnte ich meine Stimme auf ein deutlich höheres Niveau als zu Be- ginn kultivieren, was mir in meinem ersten längeren Einsatz in der Pfarre auch gleich äußert zugutekommt.
Als ich im September zu meinem pastoralen Praxisjahr in die Pfarre Gampern gekommen bin, war eine der ersten Möglichkeiten, Men- schen aus Gampern kennenzulernen, der Ausflug des Kirchenchores ins Ausseerland. Da aus den vorherigen Gottesdiensten schon be- kannt war, dass ich gerne singe, wurde ich auch gleich zur Verstär- kung des Chores angefragt und machte schnell jene Erfahrung, die ich auch andernorts schon gehört hatte – man wird in einem Ort leichter heimisch, wenn man sich dem Kirchenchor anschließt.
Die Chorproben etwa bieten neben dem gemeinsamen Singen ja auch die Freude des anschließenden geselligen Beisammenseins, wo man auch als Neuankömmling Gelegenheit hat zu erfahren, was es denn Neues gibt. Auch durch den Austausch auf Totenmählern nach dem Singen bei Begräbnissen erschließen sich mir schneller örtliche Struk- turen. Die ersten Proben bis Weihnachten waren der Vorbereitung auf das Weihnachtshochamt gewidmet, bei welchem die Pastoralmesse
in C von Reimann zur Aufführung gelangte, und auch zu Mariä Emp- fängnis gestalteten wir die Messe mit marianischen und adventlichen Chorwerken. Für mich als Ministrant seit Kindheitstagen waren das die ersten Gottesdienste an derart hohen Feiertagen, bei denen ich nicht am Altar diente, sondern einmal eine ganz andere Rolle ein- nehmen durfte.
Ich nehme an den Gottesdiensten in Gampern natürlich nicht nur als Sänger von der Empore aus teil, sondern mache „unten“ den Kantor und stehe auch Wortgottesfeiern vor. In der Aufgabe, dem Wort Gottes eine würdige, selbstständige Feier zu bereiten, sind mir musikalische Möglichkeiten schnell zur Hilfe geworden. Etwa habe ich schnell den Zugang gefunden, nach den Fürbitten eine feierliche Litanei zu sin- gen, in welcher sich vortrefflich das Element des Lobes und Dankes mit dem der Bitte verbinden lässt, ohne Gebete der Eucharistiefeier simulieren zu müssen. Die prägnanten Rufe machen es der Gemeinde einfach, das Gebet auch im Herzen mitzuvollziehen. Da ich auch an anderen Stellen (Kyrie, Psalm, Alleluja) als Vorsänger gefordert bin, wird der Gesang mitunter das Anstrengendste bei der Leitung eines Gottesdienstes.
Eine besonders schöne Erfahrung war es auch, den Gottesdienst am Sonntag vor Epiphanie zu leiten, welcher traditionell vom Kirchen- chor als „erwachsene Sternsinger“ gestaltet wird. Ich war natürlich in die Proben involviert und nützte den größeren Freiraum, den eine Wortgottesfeier gegenüber der Messe bietet, um die Struktur des
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