Page 14 - Unsere Brücke 06 2019
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 Univ.-Ass. MMag. Florian Wegscheider
„Wer als Papst ins Konklave hineingeht, kommt als Kardinal wieder heraus.“ Dieses Sprichwort zur Papstwahl traf auf Giovanni Battista Montini nicht zu. Der Kardinal aus Mailand war nach dem Tod von Johannes XXIII. Im Jahr 1963 klarer Favorit auf das Amt des Bischofs von Rom. Nach nur fünf Wahlgängen wurde Montini der Bevölkerung von der Mitteloggia des Petersdoms als Paul VI. präsentiert.
Unter Pius XII. galt Montini als einflussreichster Mitarbeiter innerhalb der Kurie, betraute dieser ihn mit den innerkirchlichen Angelegen- heiten, welche Montini mit politischem Geschick und diplomatischer Klugheit anging. Für diese Verdienste wollte ihn Pius XII. zum Kar- dinal kreieren, was Montini aber ablehnte. Im Jahr 1954 ernannte ihn selbiger Papst zum Erzbischof von Mailand. Montini übernahm mit Mailand nicht nur die damals größte Diözese der Welt, sondern auch jene, aus welcher die meisten Päpste hervorgingen. Keine zwei Monate nach der Wahl von Johannes zum Papst im Jahr 1958 ernannte dieser Montini zum Kardinal. In dieser Zeit setzte sich der intellektuell und mitunter distanziert wirkende Montini in Mailand vor allem für die Rechte der Arbeiter ein. Einer seiner Leitsätze für die Arbeiterseel- sorge lautete: „Nicht sie müssen die Kirchenglocken hören, sondern wir die Fabriksirenen.“ Dieses Engagement setzte er später auch als Nachfolger Petri fort. Als erster Papst feierte er die Eucharistie in einer Fabrikhalle, forderte die Einhaltung der Arbeitnehmerrechte und trat für die Stärkung der Arbeiterseelsorge ein.
Als im Jänner 1959 Johannes XXIII. den Kardinälen verkündete, dass er beabsichtige ein ökumenisches Konzil einzuberufen, versuchte die Kurie mithilfe ihrer Vorbereitungsarbeiten die Richtung des Konzils vorzugeben. Dies brachte bereits bei der ersten Sitzung Unstimmig- keiten innerhalb der Konzilsteilnehmer. Als Kenner des kurialen Ablaufes und Mann mit pastoraler Erfahrung übernahm Montini die Überarbeitung der Dokumente. Damit sicherte er einen relativ konflikt- freien Beginn des Konzils.
Nach dem Tod von Papst Johannes und der Wahl von Montini zu seinem Nachfolger, stand er vor der schwierigen Aufgabe, das Konzil zu einem guten Ende zu bringen. Johannes hatte die Visionen vorge- geben und das Konzil ins Rollen gebracht, die konkrete Ausarbeitung und die spätere Umsetzung oblag Paul VI. Er veranlasste die wohl größte innerkirchliche Umstrukturierung in der Neuzeit. Unter an- derem wurde die gesamte Kurie neu aufgesetzt, die Bischofssynoden
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Paul VI., ein unbekannter Heiliger




























































































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