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Bruecke_06_2015

18 „Ich möchte Priester werden!“ Diesen Satz habe ich vor zirka 30 Jahren zum damaligen Regens Rudolf Panhofer gesagt. Nach den Jahren der Ausbildung und verschiedenen Aufgaben als Priester bin ich nun sechs Jahre Regens und junge Männer kommen zu mir und sagen zu mir diesen Satz: Ich möchte Priester werden. Was muss zu den kirchlichen Vorgaben jemand mitbringen, der heute Priester werden will? Ich möchte hier einige unvollständige persönliche Gedanken entfalten, und zum Weiter- und Mitdenken in der Priesterausbildung anregen. Für Rückmeldungen bin ich dankbar. Dasein können In der Beschäftigung mit der Bibel und durch die Begegnungen mit Menschen kristallisiert sich für mich die Bedeutung des Gottesnamens als immer zentraler heraus. Zu Mose hat Gott gesprochen: Sag dem Pharao, dass ich der „ich bin da“ bin (vgl. Ex 3,14). Die Übersetzung ins Deutsche ist nicht ganz einfach. Wir könnten auch etwas interpretierend übersetzen mit: „im Dasein erweise ich mich als dein Gott“. Das klingt etwas holprig, aber die dahinterliegende Bedeutung ist wohl grundlegend für unser christliches Leben und auch das Wirken als Priester. Wir sind Menschen des „Da-seins“. Eine Zeit, die vom Haben geprägt ist, braucht das Gegengewicht des Seins. Für jemanden da zu sein kann auslaugen, aber auch aufbauen. Priesterliches Leben ist ein Leben in dieser Spannung, wie es für viele Menschen auch der Fall ist. Es heißt schenken und beschenkt werden, es ist ein Empfangen der Liebe und ein Weitergeben. Es ist vielfach auch die anstrengende Form des Daseins in der Unterbrechung einer lebensfeindlichen Dynamik und das Aushalten von Unrecht. Es gehört zu den großen Geschenken, wenn wir anderen vermitteln können, dass jemand für sie da ist. Leid und Freude, Ängste und Hoffnungen wollen geteilt und mitgeteilt werden. Kreativ statt destruktiv Die Bibel erzählt, dass Gott Welt und Mensch geschaffen hat und in das chaotische Durcheinander (tohu wa bohu) Ordnung gebracht hat. Das lateinische Wort für „schaffen“ ist kreare, kreativ sein und nicht destruktiv sein. Gott ist Geber des Lebens und nicht dessen Zerstörer. Leider erleben und erleiden wir in unserer Welt viel an Destruktivität, Ausbeutung und Zerstörung. Wenn Menschen oder Völker etwas nicht haben können, dann wird zerstört und vernichtet, weil der Neid, die zerstörerischste Kraft in unserem menschlichen Dr. Johann Hintermaier Regens


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