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Bruecke_06_2015

Das Propädeutikum – ein Erfahrungsbericht Begonnen wird der Tag mit der morgendlichen Betrachtung – um 6:40 Uhr trifft sich die Gruppe mit den Rektoren im Meditationsraum, einige haben sich schon 30 Minuten davor zur geistlichen Lesung getroffen und lesen Texte von Heiligen wie etwa die „Nachfolge Christi“ von Thomas von Kempen oder „Die dunkle Nacht“ des Johannes vom Kreuz. Bis 7:15 Uhr wird gemeinsam ein Text betrachtet, anfangs wird dieser noch von den Rektoren ausgewählt und eine kleine Hinführung gehalten, da die meisten mit dieser Gebetsform noch wenig vertraut sind. Mit der Zeit wird diese Betrachtung individueller, einige wählen das Tagesevangelium, andere die Benediktusregel oder einen anderen Text. Anschließend beten wir gemeinsam die Laudes. Das anschließende Frühstück ist jene Mahlzeit, zu der viele ihre Heimat in Form von Mutters selbstgemachter Marmelade, dem Honig vom Nachbarn oder dem mitgebrachten Eierkocher mitbringen. Danach beginnt um 8:15 Uhr die Vortragszeit. In den ersten Wochen werden die Vorträge von den Rektoren gestaltet. Die Gruppe besteht natürlich aus bunten Charakteren, die unterschiedliche Erfahrungen im geistlichen Leben mitbringen. Auf eine dreitägige Einführung ins gemeinsame Leben folgt die Einführung ins geistliche Leben, wobei wir uns mit vielen Gebetsformen auseinandersetzen und auch mit dem Stundengebet vertrauter werden, das uns fortan begleiten wird. Auch die geistliche Begleitung beginnt am Anfang. Dazu wählt sich jeder Seminarist einen Begleiter, der ihm zusagt und ihn durch das propädeutische Jahr auch in schwierigen Phasen und Zeiten begleitet. Das ist natürlich streng vertraulich. Der Kurs mit Prof. Bernd Körner aus Graz, der uns einen ersten Einblick in die Glaubenslehre der Kirche vermittelt, ist sehr ansprechend und wird von vielen aus meinem Jahrgang immer noch als eine der schönsten Erfahrungen im Propädeutikum genannt, vor allem wegen des Vortragenden. Die Kurse zu den Themen Zölibat und psychische Charaktere geben uns wichtige Einblicke, die uns wertvolle Ratgeber für das Leben bleiben. Im Hinblick auf die Bibelschule hält der Linzer Regens Johann Hintermaier bibeltheologisch sehr wertvolle Einführungen in das Alte und Neue Testament. Spirituell äußerst anregend ist auch die Vortragsreihe „Stile der Nachfolge“, in der uns die Rektoren die Spiritualitäten von heiligen Männern und Frauen erschließen. Diese bieten eine einzigartige Gelegenheit für jeden einzelnen, eine zu ihm passende Spiritualität Jakob Stichlberger Propädeutiker 12


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